Erste Veröffentlichung: zum Editorial vom 10. Februar 2016


Spanien Immobilien und Imponderabilien

Ein Interessent (im konkreten Fall aus Frankreich) möchte eine Villa in Spanien kaufen und die ein oder andere bauliche Veränderung vornehmen wie zum Beispiel den Pool vergrößern und eine überdachte Terrasse verglasen.

Im Prinzip kein Problem. Aaaber… diese Villa liegt in einem Wohngebiet, für das noch kein gültiger Bebauungsplan vorliegt. Und nun wundert sich der angehende Immobilienbesitzer, dass ihm sein Makler nicht garantieren will, dass er seine Pläne auch durchführen kann und darf.

Unzufrieden mit dem seiner Ansicht nach schlechten Service dieses Maklers, wendet er sich an eine andere Immobilienagentur und beauftragt diese, den Kaufvorgang zu überwachen. Darüber hinaus schaltet er einen Anwalt ein, der zwar seine Sprache spricht, aber 100 km weit entfernt ansässig ist und somit die Gegebenheiten vor Ort nicht kennt. Und um ganz sicher zu gehen, wendet er sich noch an INSERT mit der Bitte, ihm einen Architekten zu vermitteln, der "ehrlich, seriös und französischsprachig" ist, damit dieser ihn beraten kann.

Antwort:


Ich muss Sie leider enttäuschen, denn unter meinen spanischen Bekannten ist nicht ein einziger Architekt. Und ich hätte fast hinzugefügt: Sie haben Ihr Herz leider an eine Immobilie verloren, die INSERT wahrscheinlich nicht angeboten hätte. Weil gewisse Unwägbarkeiten in der Luft lagen.

Denn: Wir verkaufen Immobilien…

Aber, wenn ich drüber nachdenke, so muss ich die Formulierung wie folgt abändern: die INSERT vielleicht nicht angeboten hätte. Wenn wir Kenntnis davon gehabt hätten, dass Unwägbarkeiten in der Luft liegen könnten.

Denn was (viele unserer Mitbewerber und) wir bei INSERT zum Kauf anbieten, ist eine Immobilie in einem klar definierten Zustand und zu einem diesem Zustand angemessenen Preis. Wir verkaufen das Hier und Jetzt und nicht das Morgen.

Orangenplantage in der Valencia Provinz

… und keine Imponderabilien (Unwägbarkeiten)

Weder unsere Mitbewerber noch wir können Ihnen versprechen, dass Sie eine Immobilie baulich verändern dürfen. Und in Ihrem Fall ist das Problem kein juristisches, sondern folgendes: Sie bereiten sich dazu vor, eine Immobilie in einer Traumlage zu erwerben, aber ihr fehlt das gewisse Etwas, um zu Ihrer Traumimmobilie zu werden. Wie zum Beispiel ein größerer Pool und eine überdachte, verglaste Terrasse. Und damit wären wir beim nächsten Thema: der Baugesetzgebung.

Die Baugesetzgebung

Die Baugesetzgebung an der Costa Blanca ist in den letzten zehn Jahren nicht transparenter geworden. Eher im Gegenteil. 2014 wurde in der Region Valencia ein neues Bau- und Erschließungsgesetz namens LOTUP verabschiedet, gegen das sich aber - wie auch gegen seinen Vorgänger, das LUV (Ley Urbanística Valenciana) - erheblicher Widerstand erhebt. So dass weitere Änderungen an der Gesetzeslage nicht auszuschließen sind. Und somit ist die Lage sehr verworren und nur eine kompetente Agentur oder ein Anwalt kann dazu Auskunft geben.

Falls Ihre Agentur sich in den baurechtlichen Fragen nicht sicher ist - oder nicht sicher zu sein scheint -, so bestehen Sie darauf, dass in die notarielle Urkunde ein Passus aufgenommen wird, in dem die Agentur die Verantwortung für alle Konsequenzen übernimmt, die sich für Ihre Immobilie aus der LOTUP, der LUV oder aus ihrem Vorgängergesetz, der LRAU, ergeben könnten.

Dieser Passus könnte ungefähr wie folgt lauten: „Dieser Immobilienkauf wurde vom Immobilienbüro X (Name) in Z (Ort) vermittelt. X erklärt und garantiert hiermit, dass es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses weder auf kommunaler noch auf interkommunaler Ebene keine Überlegungen oder Beschlüsse protokolliert wurden, die das Ley de Ordenación del Territorio, Urbanismo y Paisaje (LOTUP) oder auch seine Vorgängergesetze Ley Urbanística Valenciana (LUV ) und Ley Reguladora de la Actividad Urbanística Valenciana (LRAU) zur Grundlage haben und die die Interessen des Käufers beeinträchtigen oder schädigen könnten. X sichert solidarisch mit dem Verkäufer dem Käufer vollen Schadensersatz zu für den Fall, dass er nach Vertragsabschluss durch bereits bestehende oder in Vorbereitung befindliche Gesetze in seinen Interessen beeinträchtigt oder geschädigt wird, von denen das Immobilienbüro X Kenntnis hatte bzw. hätte haben können.”

Der obige Passus erhebt jedoch nicht den Anspruch auf juristische Korrektheit und ist daher von einem Rechtsanwalt gerichtsfest zu formulieren.

Aber Sie können ihn schon in diesem "Rohzustand" Ihrer Immobilienagentur präsentieren, um zu verdeutlichen, welche Garantien Sie von ihr erlangen möchten. Und je nach Reaktion der Gegenseite können Sie entscheiden, ob sie dieser Agentur weiter vertrauen wollen oder nicht. Denn eins ist sicher: jede seriöse Agentur weiß, welche mittel- und langfristigen Pläne die Kommune, in der sie arbeitet, auf dem Immobiliensektor verfolgt.

Sicherheit

Was auch immer der noch zu erstellende Bebauungsplan bringen wird, so erachte ich es in Ihrem Fall für sehr wahrscheinlich, dass der bestehende bauliche Zustand geschützt ist und nicht angetastet wird. Hiervon ausgenommen ist vielleicht die Mauer entlang der Straße, und zwar für den hypothetischen Fall, dass diese von der Kommune verbreitert wird. Aber eine solche Baumaßnahme könnte auch auf der Ihrem Grundstück gegenüber liegenden Straßenseite erfolgen, die noch nicht bebaut ist. Und so wäre Ihr Grundstück nicht tangiert.

Nach Durchsicht der Dokumente, die Sie mir unterbreitet haben, erachte ich es nicht für sehr wahrscheinlich, dass Sie die Erlaubnis zu den von Ihnen beabsichtigten baulichen Veränderungen erhalten werden. Nicht auszuschließen ist, dass eine überdachte Terrasse zunächst mit einem Windschutz versehen wird, und dass der Windschutz ein paar Jahre später durch richtige Fenster ersetzt könnte. So eine Wohnraumverbreitung kann Ihnen aber niemand versprechen.

Die Einheimischen und die Zugereisten

Zugegeben: Unter den Einheimischen werden solche Probleme wie die Ihren anders geregelt. Da arrangiert man sich untereinander und macht sich keine Sorgen - in der Gewissheit, dass Gottes Mühlen und die der örtlichen Justiz sehr langsam mahlen. Aber … diese Art von Verständigung gibt es zwischen Juan, Antonio und José. Wir die Zugereisten - und jeder, der aus mehr als 100 km Entfernung kommt ist und bleibt ein Zugereister - verstehen diese Art der Verständigung schwierig. Was uns oft verwirrt, aber unabänderlich ist. Daher gebe ich allen zukünftigen Immobilienkäufern folgenden Rat:

Kaufen Sie keine Versprechungen (denn dann kaufen Sie die Katze im Sack.)

In Ihrem konkreten Falle, werter Herr, hat Ihnen niemand etwas wirklich Substantielles versprochen und kann Ihnen niemand etwas versprechen. Zumal der Bebauungsplan der Kommune noch in der Diskussionsphase ist. Sollte er Ihre Umbaupläne durchkreuzen, so ist das für Sie persönlich zwar bedauerlich, aber andererseits ein Zeichen dafür, dass die alten Zeiten vorbei sind, wo der Grundsatz galt: Wer gut schmiert, der gut fährt. Was aber könnte eine Alternative sein?

Eine Alternative

Eine Alternative könnte sein, ein Grundstück zu kaufen und die Villa Ihrer Träume selbst zu bauen. Jedoch ist das im Jahre 2016 wirklich sinnvoll? Ein Neubau ist auf jeden Fall deutlich teurer als der Kauf eines bestehenden Objekts. Und die Tatsache, dass Sie, verehrter Interessent, zurzeit noch weit, weit weg von der Costa Blanca wohnen, macht es zu einem langwierigen und mühsamen Projekt.

Die Lage - die Frage

Und so sind Sie leider in einer sehr misslichen Lage: die erste Agentur hat Ihnen Ihre „Fast”-Traum-Immobilie gezeigt, dann haben Sie aus Misstrauen eine zweite Agentur damit beauftragt, den Kaufvorgang zu betreuen. Und zusätzlich noch einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der zwar Ihre Sprache spricht, aber mit den Gegebenheiten vor Ort nicht persönlich vertraut ist. Wenn Sie jetzt noch einen Architekten hinzuziehen, dann wird aus diesem Verwirrspiel ein Gordischer Knoten. Und somit stellt sich für mich die Frage - und Sie sollten sie sich auch stellen: Ist dieses Haus den bisherigen und zukünftigen Stress wirklich wert?

(Eine Zusammenarbeit mit Michael Bettenhausen)



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